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Peter Hofmann
Das Potenzial der Achtsamkeit ist viel mehr als eine Praxis für die Stärkung von Einzelpersonen, um mit Stress umzugehen, ihre Emotionen zu regulieren und glücklicher zu werden.
Die am häufigsten verwendete Definition von Achtsamkeit ist die von Jon Kabat-Zinn, einer der Begründer der säkularen Achtsamkeit: "Achtsamkeit ist ein Bewusstsein, das durch intendierte Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment entsteht, in einer nicht urteilenden und akzeptierenden Art und Weise, im Dienste der Selbsterkenntnis und der Weisheit." Daniel Rechtschaffen ist eine der führenden Referenzpersonen auf dem Gebiet der Achtsamkeit in der Bildung. Der Autor des Buches "Die achtsame Schule" hat in Hunderten von Schulen Programme über und mit Achtsamkeit durchgeführt, vor allem in den USA, aber auch in Europa. In seiner Praxis hat er drei starke Prinzipien: 1. Die Achtsamkeit in den Schulen zu kultivieren mit der Notwendigkeit, dass die Schulleiter*innen und die Lehrer *innen sich auch mit dieser Praxis auseinandersetzen; 2. Ein vollständiges Programm zur Achtsamkeit muss alle "5 Ausdrucksformen der Achtsamkeit" ansprechen: Die somatische Ausdrucksform (Achtsamkeit des Körpers); Die kognitive Ausdrucksform (Achtsamkeit in Bezug auf Gedanken); Die emotionale Ausdrucksform (Achtsamkeit in Bezug auf Gefühle); Die soziale Ausdrucksform (zwischenmenschliche Achtsamkeit); Die ökologische Ausdrucksform (Achtsamkeit der Verbundenheit). 3. Jedes Programm zur Achtsamkeit sollte immer mit der somatischen und der kognitiven Ausdrucksform beginnen.
Ich bin 2012 zum ersten Mal auf Achtsamkeit gestoßen. Nach fünf Jahren, in denen ich in einem kleinen Dorf an der Küste Süditaliens mit meiner Familie lebte, zogen wir zurück nach Österreich in die Großstadt Wien, was mich in einen Prozess großer Veränderungen stürzte.
Auf der Suche nach neuen Inspirationen für die Arbeit stieß ich auch auf die Theorie U, inzwischen ein sehr bekanntes Modell und Praxis für Transformationsprozesse auf individueller, organisatorischer und systemischer Ebene. In der Mitte der fünf Schlüssel-Phasen des Theorie-U-Prozesses ist eine Phase namens “Presencing” – ein Kunstwort kombiniert aus ‘Gegenwart’ (Present) und ‘Wahrnehmung’ (Sensing). In dieser Phase ist man eingeladen, “…zum Ort der Stille und um das innere intuitive Wissen hervortreten zu lassen”.
Ich war von dieser Idee verblüfft und fasziniert zur gleichen Zeit; ich verstand die Worte und sie haben auch Anklang bei mir gefunden, aber wie sollte ich dies tatsächlich tun? Zusammen mit anderen Praktiken wurde vorgeschlagen, eine Praxis der Achtsamkeit zu entwickeln. So startete ich damit!
Damals war Achtsamkeit für mich identisch mit Meditation. Also begann ich, für die Entwicklung einer persönlichen Meditationspraxis zu kleinen Retreats und Seminaren zu gehen. Stilles Sitzen auf einem Kissen – OK, aber was tun mit all diesen Gedanken? Und wie in den besten Fällen ”…entsteht intuitives Wissen”?
Nach einiger Zeit der Übung, die von Geduld, Akzeptanz und mehr Lehre geprägt war, begann ich ein Gefühl dafür zu bekommen, worum es bei diesem intuitiven Wissen gehen könnte. Auf jeden Fall wurde mir klarer, was es NICHT ist: Wissen, erzeugt durch Denken. Das ist etwas, womit ich mich sehr wohl gefühlt habe und immer noch fühle. Aber für echte transformative Veränderungen hilft es nicht mehr, da es immer wieder die gleichen Ergebnisse hervorbringt, nur in unterschiedlichen Formen.
So habe ich Vertrauen gelernt. Ich habe gelernt, darauf zu vertrauen, dass mein intuitives Wissen mich zu Orten, Menschen, Aktivitäten bringt, die für meinen Prozess im Moment relevant sind; ohne einen klaren Plan, ohne klare Ziele, aber mit einer klaren Absicht.
Danach wollte ich die Qualität der Achtsamkeit in Schulen bringen. Ich machte mich mit dem ” b – Achtsamkeit in der Schule”-Programm (UK) vertraut und habe die Arbeit von Daniel Rechtschaffen, Gründer des Mindful Education Institute in den USA, studiert. Es war durch die Beschäftigung mit diesen Programmen und das Abhalten von Workshops mit Jugendlichen und Lehrer*innen, dass ich begonnen habe, das volle Potenzial der Praxis zu erkennen.
Wenn Achtsamkeit über eine persönliche Praxis zu einer Haltung wird; eine Haltung, die man im Idealfall in alle Aspekte seines Lebens einbringt, kann sie zu einem wichtigen Faktor werden, um Klarheit zu bekommen, wie man mit sich selbst und wie mit der Welt, nah und fern, in Verbindung steht. Wenn wir es schaffen, etwas Abstand zu den Geschichten unseres Verstands, unserer Gedanken zu bekommen, kann eine Verbindung zu intuitivem oder innerem Wissen entstehen. Somit können Früchte wie Mitgefühl, Vertrauen, Großzügigkeit, Akzeptanz, Urteilsfreiheit und Gefühle der Verbundenheit geerntet werden.
Wo ist der Ort der Stille und des Schweigens, den du regelmäßig besuchst?
Wie verhältst du dich zu den Geschichten, die dir deine Gedanken jeden Tag erzählen?
Wo ist deine Quelle des intuitiven oder inneren Wissens?
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