Kreisen bis zur Unendlichkeit

Helena Kosková

Vom Medizinrad und den natürlichen Kreisläufen lernen, das Rad des Lebens zu drehen.

Wir können das Medizinrad als einen zeremoniellen Raum für Gebet und Meditation verstehen, als einen weisen Führer auf unserem Lebensweg, als eine Landkarte des psycho-spirituellen Raumes für unsere Welt. Es wurde deutlich symbolisiert durch vier Richtungen, verbunden über einen Kreis mit einem Zentrum, das Einheit, Ganzheit, Frieden und Harmonie ausdrückt. Durch die Verwendung des Medizinrads auf der ganzen Welt gibt es unterschiedliche Konzeptionen und Dimensionen des Rades, den verschiedenen Kulturen und Traditionen entsprechend. Ein sehr inspirierendes Element ist für mich seine zyklische Natur, denn jeder Richtung können wir eine Jahreszeit, Mondphase oder Lebensperiode zuordnen, auch spezifische Merkmale wie deren Licht und Schatten. Das Rad drückt die Verbundenheit, das Eins-Sein in allen Schichten der Natur einschließlich des Menschen, die ständige Bewegung und den unendlichen Kreislauf des Lebens aus. Es lehrt uns den Sinn und die Schönheit aller Phasen. Es kann uns zeigen, wo wir im Leben stehen und wohin wir uns bewegen. Wir können mit und von den Zyklen lernen, indem wir sie einfach beobachten; in uns und um uns herum. Wir können den Fluss unterstützen und unsere innere Uhr mit dem kosmischen Zyklus durch die Anerkennung und Feier der Übergänge zwischen verschiedene Phasen synchronisieren – seien es Übergangsriten beim Übergang ins Erwachsenenalter oder in die Phase der Älterwerdens, ein Sonnengruß jeden Morgen oder ein Dankeschön an den Winter und das Willkommen-Heißen des Frühlings..

Aus meinem Tagebuch.

  1. November 1979

Ich wurde mittags am Allerseelentag geboren, dem Tag, an dem wir uns verbinden und mit unseren geliebten Menschen, die bereits verstorben sind, feiern. Und von heute an werden wir auch Geburt und Leben feiern.

Einatmen – Pause – Ausatmen – Pause – Einatmen…

  1. Mai 1998

Heute arbeite ich im Garten in meiner Lieblingsecke mit dem Kompost. Ein magischer Ort. Ich bringe Unkraut und Blätter aus dem Garten sowie Reste von Obst und Gemüse aus der Küche dorthin. Ich lasse sie für ein Jahr verwesen, von Zeit zu Zeit vermische ich alles und ich bin immer wieder erstaunt über den schwarzen weichen duftenden Boden, in den sich diese Reste verwandeln. Ich verteile die Erde zurück in den Garten, auf neue Gemüsebeete und zu allen Blumen, Sträucher und Bäumchen.

Es fängt an zu regnen.

  1. Juli 2003

Heute ist Neumond, die Zeit meiner Menstruation. Ich kann klar erkennen, was die meiste Zeit verborgen ist. Mein Bewusstsein ist geweitet, ich fühle mich verbunden. Ich brauche Ruhe, um allein zu sein, um mich zu nähren und Kräfte für den nächsten Monat zu sammeln. Ich weiß es bereits. Und wenn ich das tue, wird das Leben für mich und alle um mich herum leichter sein. Ich werde produktiv und voll Klugheit sein, wenn meine Mondzeit vergeht; ich werde bezaubernd und einfühlsam sein mit dem Vollmond während meines Eisprungs und kreativ, intuitiv und konstruktiv-kritisch kurz bevor eine weitere Mondzeit kommt. Ich weiß es bereits. Wenn ich nicht auf meinen Körper und meine Seele höre… werde ich für den ganzen Monat erschöpft und zurückgezogen sein. Also gehe ich lieber ein Bad nehmen.

Dank an die Erde, die mich jeden Tag unterstützt, ohne Erwartungen und Forderungen.

Ich genieße und schätze meine Mondzeit, beobachte die transformative Kraft von Kompost oder akzeptiere meine Winterdepression – das hilft mir auch, das Älter-Sein und den Tod wertzuschätzen, Sinn und Gaben in allen Phasen der verschiedenen Zyklen zu erkennen.

14.-16. April 2017, Ostern

Am Freitag gehe ich in den Nachtwald und blase die Kerze aus, treffe auf Dunkelheit, Chaos, Nichtigkeit. Am Samstag setze ich die Reise in die Unterwelt fort, gehe durch das Labyrinth, begegne Dämonen, innere und äußere Schatten. Am Sonntag nehme ich morgens ein Bad in einem kühlenden Bach, zünde die Kerze wieder an und feiere. Mit Freund*innen verwandeln wir das Labyrinth zu einem Medizinrad, einem Rad des Lebens, einem Dharma-Rad und tanzen immer wieder hindurch. Ich fühle mich frisch, funkelnd, leicht, fruchtbar. Die kosmische Ordnung ist wiederhergestellt, das Leben macht wieder Sinn. Gemeinsam mit der Frühlingsnatur und dem Christus im Ostermysterium bin ich auferstanden, wie jedes Jahr. Nach dem Winterschlaf bin ich mit neuer keimender Energie zurück, bereit um neue Dinge zu beginnen.

Feuer, Symbol der Verwandlung, tanzt mit uns.

  1. März 2018

Meine Großmutter ist gestorben. Ich spüre Trauer, Nostalgie, Frieden und Dankbarkeit. Ich genieße und schätze meine Mondzeit, beobachte die transformative Kraft von Kompost oder akzeptiere meine Winterdepression – das hilft mir auch, das Älter-Sein und den Tod wertzuschätzen,  Sinn und Gaben in allen Phasen der verschiedenen Zyklen zu erkennen. Mit jeder gepflanzten Blume und dem Blick zum Mond ist mein Körper die Erinnerung an diese natürliche Weisheit, die Natur allen Lebens. Auch mein Freund, meine erste Liebe, ist gestorben. Er, seine Frau und ihr kleiner Sohn. Ich fühle mich traurig, verzweifelt und wütend. Der Frieden kommt nicht. Es war zu früh. Es war ihre Frühlings- und Sommerzeit, nicht ihr Winter! … Es gibt noch viel zu lernen.

Einatmen – Pause – Ausatmen – Pause – Einatmen…

Welche Zyklen beobachtest du in deinem Leben und in der Natur?

Welche ist deine Lieblingsjahreszeit? Welches ist deine Lieblingszeit?

Wann hast du zum letzten Mal den Mond betrachtet?

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